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Die NPD verbieten wir!

Sollen wir fordern, dass der Staat Naziparteien verbietet?

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble steht unter schwerem Beschuss von Links. Zahlreiche von seinem Hause ausgearbeitete Gesetzesvorlagen, wie etwa die Online-Durchsuchung oder die gezielt Tötung von „Terrorverdächtigen“, rufen eine Vielzahl von AktivistInnen unterschiedlichster Couleur zu Protesten auf den Plan.

Doch es gibt auch linke AktivistInnen, die es lieber sähen, wenn ausgerechnet Schäubles Staatsapparat kräftig durchgreifen würde. Die Rede ist von der Kampagne „NO NPD“ der Vereinigung Verfolgter des Naziregimes (VVN), unterstützt von linken Parteien wie DKP und Die Linke.

NO NPD – aber wie?

Konzept dieser Kampagne ist es, möglichst viele Unterschriften zu sammeln, um so Druck auf die Bundesregierung und den Bundestag auszuüben, damit diese einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren starten. Die Organisatoren haben bis jetzt ca. 120.000 Unterschriften gesammelt. Es ist jedoch höchst fraglich, ob es sich um eine sinnvolle Aktionsform handelt. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein kapitalistischer Staat, der das grundlegende Interesse hat, antikapitalistische und sozialrevolutionäre Bewegungen zu unterdrücken. Gleichzeitig werden viele Flüchtlinge und Migranten, die in Deutschland ein menschenwürdiges Leben führen wollen, mit Schikanen, Medienhetze, Abschiebungen und jeder Menge Strafverfahren verfolgt.

An genau diesen Staat appelliert die Kampagne von „NO NPD“ und schürt damit gleichzeitig die Illusion in der Bevölkerung, der Staat sei eine demokratische Institution und habe ein grundsätzliches Interesse daran, den Faschismus zu bekämpfen.

Vielmehr sind die Nazis für die herrschende Klasse in Deutschland eher ein Imageproblem. Alle etablierten PolitikerInnen gefallen sich in der Rolle des zutiefst Betroffenen, wenn wieder irgendwo in Deutschland ein rassistischer Übergriff stattfindet, der öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Hetzjagd gegen InderInnen in Mügeln vor ein paar Wochen. Im politischen Alltag greifen die gleichen PolitikerInnen jedoch, abgesehen von wenigen Alibiaktionen, immer wieder gern auf rassische und nationalistische Ideologiefragmente zurück, wie etwa bei der „Du bist Deutschland“-Kampagne und bei der Begründung für Auslandseinsätze der Bundeswehr („Deutschland wird am Hindukusch verteidigt“).

Wer verbietet wen?

Sehr beliebt ist es bei den Bundesbehörden zudem Gesetze, die das Verbot von faschistischen Organisationen ermöglichen, im gleichen Atemzug auch gegen linke Vereinigungen zu nutzen. In den 50er Jahren wurde auf dieser Weise kurz nach dem Verbot der faschistischen SRP auch die linke KPD verboten. In den 90ern war kurz nach dem Verbot der Neonazipartei FAP auch die kurdische Befreiungsbewegung PKK dran. Auf ihrer Webseite versuchen die MacherInnen der Kampagne Befürchtungen vor einer Verbotswelle gegen links zu zerstreuen indem sie erklären: „Im Grundgesetz gibt es keine Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus”. Inwiefern das aber den Staat davon abhalten soll, die bestehenden Rechtslage auch gegen Linke einzusetzen, bleibt angesichts der vielen Verfahren gegen Linke wegen „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ unklar.

Diese sehr anpasslerische Haltung ist keinesfalls Zufall sondern eine Folge der reformistischen Ausrichtung der Leute hinter „NO NPD“. Sie glauben die bestehende Ordnung ohne große Erschütterungen durch schrittweise Reformen und Verbesserungen, wie halt ein Verbot der NPD, hin zu einer sozialistischen, klassenlosen Gesellschaft verändern zu können. All jene Errungenschaften, die mühsam innerhalb des kapitalistischen Systems errungen wurden, können jedoch jederzeit wieder von den MachthaberInnen einkassiert werden. Deswegen können wir als Linke und als AntifaschistInnen uns perspektivisch nicht auf reformistische Positionen verlassen.

Wir müssen deshalb unsere Forderungen ständig gegen die staatlichen Ordnung richten. Die Nazis können nur wirksam durch Aktionseinheit aller vom Faschismus verfolgten und bedrohten Menschen gestoppt werden, also besonders MigrantInnen, alternative Jugendliche und die Arbeiterbewegung.

Kampf oder Unterschrift?

Wichtiger als Unterschriftenlisten mit Appellen an den Staat sind deswegen konkrete antifaschistische Strukturen in Schulen, auf den Unis, in den Betrieben und in den Stadtteilen, die immer auf den Plan treten, sobald Nazis und staatliche RassistInnenen sich in ihrer Umgebung breit machen oder sie direkt bedrohen. Die Verteidigung gegen die faschistische Gewalt – und das faktische Verbot aller faschistischen Umtriebe – ist Aufgabe der Selbstverteidigungsstrukturen der Bevölkerung und nicht der Staatsgewalt.

Die Menschen, die gegen die NPD unterschrieben und diese Kampagne unterstützt haben, wollen etwas gegen die stärker werdende faschistische Bewegung unternehmen. Doch als Linke müssen wir klar machen, dass „Druck auf das Parlament“ allein gar nichts wert ist – wer sich auf den kapitalistischen Staat verlässt, ist verlassen. Wenn jedoch die 120.000 UnterzeichnerInnen aktiv gegen Nazis vorgehen würden, hätte die NPD keine Chance.

Wir müssen dafür eintreten, den antifaschistischen Kampf mit allen fortschrittlichen Kämpfen, die in der Bundesrepublik geführt werden, sei es gegen Sozialabbau, für die Gleichberechtigung von Frauen oder gegen das rassistisch geregelte Bleiberecht, zu verbinden. Denn nur durch die Zerschlagung des kapitalistischen Systems können wir den Faschismus endgültig beseitigen.

//von Carsten, Revo Berlin //REVOLUTION Nr. 25

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