¡No pasaron!

(die Vergangenheitsform von ¡No pasarán!)

Sie sind nicht durchgekommen! Der geplante Naziaufmarsch in Dresden am 13.2. wurde von mehr als 10.000 Menschen blockiert. Dazu fuhren bereits um 5 Uhr in der Frühe allein von Berlin 25 vollgeladene Busse los – in Dresden kamen dann insgesamt über 100 Busse aus ganz Deutschland und den Nachbarländern zusammen.

Die bürgerliche Presse behauptet, dass eine von der Dresdner Oberbürgermeisterin organisierte Menschenkette sich den Nazis in den Weg stellte – doch in Wirklichkeit war diese Kette meilenweit entfernt auf der anderen Seite der Elbe! Entscheidend war das organisierte und resolute Vorgehen der Blockierenden, die die Ankunft der Nazis zuerst erheblich verzögerten und dann die fast 7.000 versammelten Nazis am Neustädter Bahnhof regelrecht einkesselten.

Wie der Trotzkist Holger Burner in einem Mobilisierungsclip auf Youtube rappte, war es ein wenig wie Stalingrad 2.0: Dazu passten auch die niedrigen, wenngleich nicht ganz so bitterkalten Temperaturen an diesem Wintertag, in denen die Blockierenden 8 Stunden und länger fest entschlossen ausharrten. Doch der schlussendliche Erfolg lies diese Strapazen schnell vergessen. Auf der anschließenden Jubelparade durch die Dresdner Neustadt zum zentralen Albertplatz herrschte freudige ausgelassene Stimmung.

Welche Lehren ziehen wir aus diesem Tag?

Im Kampf gegen den Faschismus ist die Mobilisierung einer kritischen Masse entscheidend. Wenn sich die vom Faschismus direkt Bedrohten – also vor allem linke Jugendliche, MigrantInnen und die ArbeiterInnenbewegung – Seite an Seite zusammenfinden, dann haben die Nazis keine Chance. Dieses Jahr es ist gelungen, weit mehr als die Antifa-Szene zu den Blockaden zu mobilisieren: auch wenn die meisten Blockierenden Jugendliche waren, berichtete z.B. Martin, der als Krankenpfleger in einem Dresdner Krankenhaus arbeitet, dass er viele KollegInnen bei der größten Blockade am Albertplatz traf.

Und nur deswegen musste der Gewaltapparat des Staates diesmal dem aktiven Protest unfreiwillig nachgeben. Wenn es uns gelingt, auch in Zukunft noch mehr die breiten Massen vor allem der Lohnabhängigen zu mobilisieren, wird auch die Staatsgewalt weniger Handlungsmöglichkeiten haben: Knüppelt der Staat dann den braunen Horden den Weg frei, wird auch für die Letzten offenbar werden, auf wessen Seite er steht.

Nach ihrem geplatzten Aufmarsch randalierten Hunderte Nazis in Pirna, Gera und anderswo – unter anderem haben sie ein Büro der SPD angegriffen, was wieder einmal zeigt, dass die Nazis Todfeinde jeder noch so gemäßigten ArbeiterInnenorganisation sind. Das zeigt auch, dass auf den Staat kein Verlass ist: Uns vor den Nazis zu schützen, können wir nur selber tun! Dazu brauchen wir überall eigene Selbstverteidigungsgruppen, die unsere Versammlungen, Gebäude, Demonstrationen und Partys absichern. Dann bräuchten unsere Busse auch keine Polizeibegleitung mehr, die vorgibt, uns zu schützen, nur um uns im nächsten Moment zu kontrollieren.

Alles in Allem ging die vorher überlegte Taktik, die Nazis mit friedlichen Blockaden zu stoppen, dieses Mal voll auf – wobei nicht vergessen werden darf, dass die Polizei zuweilen äußerst brutal gegen kleinere Blockaden vorging, z.B. mit Wasserwerfern bei Temperaturen um 0 Grad.

Doch dieses Blockadekonzept ist kein Patentrezept. So gewaltfrei, wenigstens von unserer Seite, wie es dieses Jahr in Dresden ablief, muss es nicht bleiben. Denn diesmal kam es der Polizei ganz gelegen, das “demokratische” Image der Stadt Dresden zu wahren, indem sie nicht ihr volles Gewaltpotential gegen 10.000 Blockierende entfalteten.

In anderen Situationen ,wie gegen SchülerInnen, HausbesetzerInnen und auch gegen streikende ArbeiterInnen, geht die Polizei für gewöhnlich ganz anders vor. Und außerdem verharmlost sie es immer wieder, wenn Nazis auf ihre FeindInnen losprügeln. Deswegen müssen schon im nächsten Jahr, wenn die Nazis einen Sternmarsch durchführen wollen, auch andere Widerstandsformen erwogen werden. Werden sie genauso gut wie dieses Jahr diskutiert, vorher abgesprochen und koordiniert, dann werden die Nazis auch nächstes Jahr nicht durchkommen!

RIO, die Revolutionäre Internationalistische Organisation, war mit GenossInnen aus Dresden, Berlin, Kiel, Zürich und Prag dabei - leider auf verschiedenen Blockaden verteilt, da die Polizei die ganze Stadt abgeriegelt und sogar die Brücken versperrt hatte. Wir verteilten fast 1.000 Exemplare unserer neuen Zeitung, um den Zusammenhang zwischen Faschismus und Kapitalismus zu erläutern, und mobilisierten damit zu unserer Diskussionsveranstaltung am 20.2. in Dresden.

//von David, Berlin //17. Februar 2010 //Bild: Björn Kietzmann


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