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"Mindestens 16 Universitäten wurden besetzt"

In Gro�britannien protestieren Studierende gegen Israels Kriegsverbrechen an den Pal�stinenserInnen

Ein Gespr�ch mit Vicky Thompson, Studentin der Religionswissenschaft an der Universit�t Manchester und Unterst�tzerin der Gruppe Permanent Revolution.

In Gro�britannien haben jetzt Studierende aus Protest gegen den Krieg in Gaza zahlreiche Universit�ten besetzt. Wie ist es dazu gekommen?

Die erste Aktion gab es in der SOAS, der Schule f�r Orientalische und Afrikanische Studien an der Universit�t London. Die Studierenden besetzten dort eine Ausstellung des Verteidigungsministeriums und forderten die Hochschulleitung auf, den israelischen Angriff auf Gaza zu verurteilen. Zwei Tage sp�ter geschah das auch, und zus�tzlich bekam das Milit�r f�r die n�chsten f�nf Jahre verboten, das Uni-Gel�nde zu nutzen.

Der Erfolg der SOAS-Besetzung hat weitere Besetzungen im ganzen Land angespornt. Als n�chstes wurde die London School of Economics (LSE) besetzt; die Studenten harrten dort sieben Tage aus, bis ihre Forderungen erf�llt wurden. Bis heute wurden mindestens 16 Universit�ten in ganz Gro�britannien besetzt. Es dauerte ein paar Tage, bis die Protestwelle auch den Norden Englands erreichte, aber am Ende kam sie auch dort an.

Was war der Ausl�ser f�r diese Proteste?

Viele Studenten waren w�tend �ber die Massaker der Israelis in Gaza; dar�ber hinaus waren sie aufgebracht �ber die vielen L�gen in den Massenmedien und die Weigerung ihrer Universit�tsleitungen, zum Krieg Stellung zu beziehen � geschweige denn ihre Investitionen in Israel bzw. in der R�stungsindustrie zur�ckzuziehen. F�r viele von uns wird ein Teil von den 3000 Pfund, die wir jedes Jahr als Studiengeb�hren zahlen m�ssen, f�r israelische Mordwaffen verwendet. Das macht uns krank.

Als Studierende f�hlen wir uns schon lange machtlos. Wenn auch nur f�r kurze Zeit � wir Studierenden haben die Macht an den Universit�ten in die eigenen H�nde genommen. Das sind die ersten Besetzungen, an der meine Generation teilnehmen konnte. Es war eine aufregende Erfahrung.

Welche Forderungen wurden erhoben?

Die meisten Forderungen drehen sich darum, Investitionen in Israel r�ckg�ngig zu machen und pal�stinensische Studierende finanziell zu unterst�tzen. An manchen Universit�ten wurde auch zum Boykott Israels aufgerufen. In Leeds forderten die BesetzerInnen gar die Ausweisung des Botschafters und das Ende jeder britischen Unterst�tzung f�r Israel. Sie haben unsere volle Unterst�tzung: Selbst wenn unsere Forderungen nicht erf�llt werden, machen sie der �ffentlichkeit die Lage in Gaza und die Komplizenschaft vieler Universit�ten beim Massaker bewu�t.

Sie erw�hnten die Erfolge bei der SOAS und der LSE. Ging es anderswo auch so reibungslos?

In Oxford war die Besetzung nach zw�lf Stunden beendet, weil die Forderungen umgehend erf�llt wurden. Es dauerte zwei Tage, bis die Besetzung in Essex zum Sieg f�hrte. An der Stadtuniversit�t von Manchester hatten wir schon nach 27 Stunden einen Teilerfolg. Viele Besetzungen gehen mittlerweile in die zweite Woche. Reibungslos war es aber nicht �berall: In Birmingham wurde die Universit�t schon am ersten Tag von der Polizei ger�umt. Die Ergebnisse sind also sehr unterschiedlich.

Sie haben an der Besetzung in Manchester teilgenommen. Wie war Ihre Erfahrung?

Ich studiere zwar an der anderen Universit�t der Stadt, bin aber mit zahlreichen KommilitonInnen aus Solidarit�t zur Stadtuniversit�t gegangen. Wir liefen zuerst die Oxford Road entlang � mit Sprechch�ren, Transparenten und Plakaten. Dann drangen wir in einen H�rsaal ein und besetzten anschlie�end das Geoffrey-Manton-Geb�ude.

Das war eine spontane Entscheidung, wir hatten daher keinerlei Vorbereitungen getroffen. Erst am n�chsten Morgen bekamen wir etwas zu essen und zu trinken, �ber Nacht knurrten uns die M�gen. Wir froren auch j�mmerlich, da wir keine Schlafs�cke hatten. Das war bestimmt nicht die beste Nacht in meinem Leben. Es gab auch �rger mit privaten Wachleuten � eine Frau wurde von ihnen verletzt. Insgesamt war es ziemlich schwierig.

Bekannte GewerkschafterInnen von UNISON und UCU verteidigten unser Recht auf Essen und Getr�nke, und sie setzten sich f�r uns bei der Unileitung ein. Am zweiten Tag waren wir ersch�pft und auch weniger geworden (denn viele von uns hatten Pr�fungen). Immerhin konnten wir einige Forderungen durchsetzen: Die Uni-Leitung verurteilte in einer �ffentlichen Erkl�rung den israelischen �berfall auf Gaza, au�erdem soll Tom Hurndall, ein von der israelischen Armee ermordeter Student der Stadtuniversit�t, ein Denkmal bekommen. Das sind zwar keine gro�en Erfolge � aber es ist ein guter Anfang.

Werden die Besetzungen weitergehen?

Ja, wir machen weiter. Ich wei� nat�rlich nicht, ob es neue Besetzungen geben wird, aber ich vermute, da� wir in Manchester einen neuen Anlauf starten. Es mu� auch nicht immer eine Besetzung sein � es gibt viele andere M�glichkeiten f�r unseren Protest. Das Wichtigste ist jetzt die praktische Solidarit�t mit den Pal�stinensern � wir sammeln also Geld und Medikamente f�r die Hilfskonvois.

Unser Ziel muss sein, diese Besetzungen auszuweiten, nicht nur auf weitere Universit�ten sondern auch auf Fabriken. Zum Beispiel, wenn ArbeiterInnen in der R�stungs- oder Transportindustrie gegen das israelische Massaker streiken w�rden, k�nnten wir viel weitgehendere Forderungen erheben. Wir mussten uns nicht auf die �ffentliche Verurteilung des Krieges beschr�nken sondern k�nnten den ganzen Milit�rapparat zum Stillstand bringen.

//Interview/�bersetzung: Wladek Flakin, Revo Berlin

//Original in der jungen Welt vom 28. Januar und auf Indymedia

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